Pferdeland Region Celle? Wanderparadies Südheide?

Reitwege zum Abgewöhnen

Man könnte denken, die Celler Jägerlobby und ihre Helfershelfer in den Behörden und auch im Kreisreiterverband hätten sich gemeinsam überlegt, wie man den Reitern die Lust am Reiten in der schönen Landschaft der Südheide vermiesen könnte. Außer der Sperrung von hunderten der schönsten Wege durch Schranken und Verbotsschilder sowie durch persönliche Bedrohung der Reiter wollte man sich auch mal konstruktiv geben: Man hat in sechs Jahre langer Arbeit ein „konfliktarmes Reitwegekonzept” erarbeitet, das auch im Internet abrufbar ist: www.region-celle-navigator.de.

Da werden auf der Tour 18 „mit überwiegend befestigten Wegen” diese bei Beedenbostel zum Reiten empfohlen:

 

aber nicht dieser:

Auf der Tour 19 „mit sehr schönen naturbelassenen, aber überwiegend befestigten Wegen” wird diese Hauptverkehrsstraße bei der Lachendorfer Papierfabrik - „hier reiten Sie im Verkehrsfluss” - empfohlen:

aber nicht diese Feldwege am Ortsrand von Lachendorf:

Wenn irgendwo eine Hochspannungsleitung steht, kann man darauf wetten, dass ein empfohlener Reitweg daran entlangführt (Foto: Tour 9, „Waldtour mit teilweise befestigten Wegen” bei Unterlüß).

Die „reizvolle, abwechslungreiche” Tour 11 zeichnet sich dadurch aus, dass man kilometerlang an Eisenbahngleisen und dann kilometerlang an einem Kasernenzaun entlangreitet, abwechselnd auf Asphalt und auf Schotter („hier Hufbeschlag dringend empfohlen”).

Ein „attraktives Angebot” …

Dieses Reitwegekonzept soll auch noch 43 000 Euro gekostet haben! „Attraktiver werden für eine finanzkräftige Zielgruppe. Das ist eines der Ziele, das der Landkreis Celle und die Tourismus Region mit dem neuen Reitwanderwegenetz anstreben.” (Cellesche Zeitung (CZ), 6. Mai 2009) Das andere Ziel: „dass die Reiterbewegungen etwas mehr kanalisiert werden können. […] Es gab viele auch berechtigte Interessen zum Beispiel von Jagdpächtern”, sagt Kreisrat Höhl (ebd.). Bei einem früheren Anlass wurde er noch deutlicher: Der Sinn der Reitwege sei, dass die Reiter „aus den Jagdgebieten herausgehalten” würden (Celler Kurier, 17. Sept. 2006).

„Ähnlich umfangreich gestalten sich die Schwierigkeiten bei der Erstellung des Wanderwegekonzeptes” (nochmals Höhl, CZ). Denn Jäger mögen auch keine Wanderer. Drei Jahre und 280 000 Euro später: Die Halbierung des früheren Wanderwegenetzes wird der Öffentlichkeit als „Wanderparadies Südheide“ vorgestellt (CZ, 4. April 2012).

… und eine deftige Drohung

„Sie sollten ihre Touren immer so planen, dass sie vor Einbruch der Dämmerung auf einer Park&Ride-Station zurückkehren. So gehe man auch möglichen Konflikten mit Jägern aus dem Weg.” (CZ, 11. Mai 2009)

Tourismusförderung? Ja, Förderung des Jagdtourismus!

Hier begann vor 40 Jahren ein Rundwanderweg gegenüber der Fuhrmannschänke (Dehningshof):

Ein anderer Wanderweg bei der Fuhrmannschänke:

Hier war einst der offizielle Wanderweg Nr. 6 des Naturparks Südheide (bei Dalle). Der Landkreis hat ihn den Jägern zuliebe an eine asphaltierte Straße verlegt. Die Jäger haben mit Schranke und Verbotsschild nachgerüstet:

Mit dem neuesten Wanderwegenetz ist Dalle nicht mehr verbunden. Bei Rebberlah sieht man häufiger solchen Schilderwald:

Viele nicht gesperrte Wege sind wie Geröllwüsten. Dieses hier ist ein empfohlener Rad- und Reitweg (Reittour 4):

Hier war einst ein PKW-Parkplatz für Wanderer (bei Queloh). Er wurde eingezäunt, als auf der anderen Straßenseite ein Funktionär der Kreisjägerschaft einzog:

In der Nähe liegt Starkshorn. Starkshorn ist eine einzige Wildruhezone. Nicht-Jäger müssen auf der asphaltierten Landstraße bleiben:

Eine dieser Ruhezonen sieht so aus:

Starkshorn ist berühmt für seine Massen von Hirschen. Die Jäger reisen bis aus Holland an, zahlen viel Geld an Herrn Winkelmann, Hoferbe in Starkshorn, und wollen ihre Ruhe beim Töten haben. Um sich das gewöhnliche Volk vom Leibe zu halten, verbreitet man Angst und Schrecken (lat.: Terror):

Wer die Frechheit besitzt, trotz der Schilder weiter zu gehen, zu radeln, zu reiten, Pilze zu sammeln, wird verbal angegriffen.



Die Zitate von www.region-celle-navigator.de stammen aus dem Sommer 2009. Die besonders abschreckende Reittour 19 wurde inzwischen zurückgezogen, aber ohne Ersatz zu schaffen. Was hatte die Gemeinde Lachendorf den Reitern doch alles versprochen: Man sah sich in einer „Vorreiterrolle”, die Wege sollten nicht „über Stock, Steine oder Asphalt” führen, man kündigte „pferdefreundliche Rastplätze”, „reiterfreundlichere Gastronomie” und „Sehenswürdigkeiten” an (Mitteilungsblatt der Samtgemeinde Lachendorf, April 2004, S. 40).


Impressum: Jürgen Andresen, 29331 Lachendorf, Dorfstr. 51, eMail: juergen.andresen(a)web.de


http://eti-veth.de/reitwegekonzept_celle.htm

2019-10-09